Führst du noch oder moderierst du schon?
Empowerment nicht nur für agiles Führen
Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt. Märkte werden umgewälzt, Kundenverhalten verändert sich, Kriterien für Erfolg definieren sich neu. Algorithmen übernehmen Aufgaben, crossfunktionale Teams organisieren sich selbst. Arbeiten 4.0 wird dynamischer. Die Parameter von Führung werden neu geschrieben. Wie können Führungskräfte befähigt werden, diese neuen Parameter zu beherrschen und ihren Job exzellent auszufüllen?
Agil ist der neue Treiber der Wirtschaft. Die Folge: Das System Unternehmen wird schneller. Der Arbeitsplatz auf Lebenszeit ist passé, der feste Schreibtisch bei Vielen bereits ebenfalls. Alte Führungsprinzipien überleben sich. Ober sticht nicht mehr Unter und Bottleneck-Management führt auf den Müllhaufen der Managementgeschichte.
Zeitgleich mit der digitalen Revolution ändern sich Wünsche und Anforderungen von Mitarbeitern. Manager von heute haben nicht mehr den entscheidenden Wissensvorsprung. Mitarbeiter sind zunehmend digital natives und technisch auf dem neuesten Stand. Sie wachsen meist weltoffen auf, sind mit allem versorgt und partnerschaftlich erzogen. Sie wollen nicht mehr nur einen Job, sie wollen den Sinn hinter ihrer Arbeit sehen. An ihnen lässt sich deutlich der gesellschaftliche Trend ablesen: weg von der Fremdbestimmung, hin zu Selbstbestimmung.
Was zeichnet agile Führung aus?
Zunächst geht es um die gleichen Kennzeichen guter Führung wie bisher auch: Mitarbeiter so zu führen, dass sie im Sinne des Unternehmens ihr Bestes geben. Wann geschieht das? Dann, wenn sich Mitarbeiter dem Unternehmen zugehörig fühlen, ihm loyal sind. Dann, wenn Menschen sich innerhalb des Unternehmens weiterentwickeln können. Und dann, wenn Mitarbeiter Wertschätzung für Person und Leistung erfahren: Menschen werden von Menschen bewegt, nicht von Algorithmen.
Was wird anders?
In der viel beschriebenen volatilen Umgebung basiert agile Führung weniger denn je auf klassischen ManagementTools, sondern auf Persönlichkeit und Haltung.
Agile Führung setzt auf Transparenz und Kollaboration. Sie geht weg von Ego und statischer Hierarchie hin zu einem dynamische Selbstbild. Statt kleinteiliger Kontrolle bringt die agile Führungskraft ihren Mitarbeitern Vertrauen entgegen. Sie schafft und hält die Räume für Prozessentwicklung, sprich, sie hält den Teams den Rücken frei. Sie strahlt gerade in schwierigen Phasen Sicherheit aus, damit notwendige Weiterentwicklung stattfinden kann. Dazu moderiert agile Führung Prozesse und ordnet sie nicht an. Heißt, sie ist mittendrin und nicht obendrüber. Dies gelingt nur, wenn agil zum mindset des gesamten Unternehmens und nicht top down angeordnet wird. Und es gelingt nur, wenn die Führungskraft nicht in die Lage versetzt wird, agil führen und handeln zu dürfen, aber auch zu können.
Agile Führung bedeutet Dienstleistung. Die agile Führungskraft wird zum Coach ihrer Mitarbeiter, um diese für ihre Aufgabe bestmöglich zu befähigen, sie also zu empowern. Empowerment ist das Leadershipwort der agilen Stunde.
Auch Führungskräfte brauchen Empowerment, denn mit dem Wegfall der äußeren Strukturen - Hierarchie, Status, Sicherheit - rückt der Einzelne in den Fokus. Er wird nun kraft seiner Persönlichkeit zum stärksten Motor, zur wichtigsten Ressource, zum größten Potential. Die Selbstverständlichkeit der Rolle wird ersetzt durch persönliche Kompetenzen, sowohl was das technische Verständnis als auch die Soft Skills angeht. Benötigt wird die in sich gefestigte Persönlichkeit. Laut Boris Gloger ist agile Führung der erste Managementansatz, der konsequent die eigene Person als Ausgangspunkt der Veränderung betrachtet.
Dies birgt Chancen wie Risiken, denn die größte Herausforderung in der agilen Transformation ist der Mensch selbst. So digital die Welt, die er geschafften hat, so analog, ja archaisch ist er selbst geblieben. Er agiert am liebsten nach wiederkehrenden Mustern, die Energie sparen, ihn entlasten, ihm Sicherheit vermitteln. Mit Veränderungen tut er sich schwer. Agilität liefert aber gerade keine Routine-Rezepte. Deshalb macht Agilität die Entwicklung der Persönlichkeit und ihrer soft skills als Orientierung und Sicherheit gebendes Fundament, als Ressourcenlieferant für ständigen Wandel zur conditio sine qua non. Selbstreflexion und damit Selbstführung werden für die Entwicklung der (agilen Führungs-) Persönlichkeit unverzichtbar als größte Assets des Management-Instrumentes Persönlichkeit.
Life Story Interview - Empowerment in sechs Schritten
Führung fängt immer bei sich selbst an. Die narrative Psychologie geht davon aus, dass sich unsere persönlichen Ressourcen in der eigenen Biografie finden, in den Geschichten, die wir über unser Leben erzählen. Der Psychologieprofessor Dan McAdams hat daraus das Life Story Interview entwickelt, eine narrative autobiografische Introspektion. Sie gibt anhand erinnerter Geschichten aus dem eigenen Leben Aufschluss darüber, welche Muster das eigene Leben bestimmen, wo diese Muster förderlich sind und wo hinderlich.
WiegandCoaching hat diese Methode auf das Coaching übertragen und ein Life Interview zusammengestellt, das auf die Bedürfnisse von Menschen mit hoher Verantwortung abgestimmt ist. In insgesamt sechs Kapiteln werden bedeutsame Lebenszusammenhänge reflektiert und dienen so als wichtige, individuelle Ressourcenquelle.
Im Themenkomplex Schlüsselszenen erzählen unsere erinnerten Geschichten, wie Entscheidungen in der Familie getroffen wurden, wie das Menschenbild war, wie der Umgang miteinander. Ob Vertrauen oder Kontrolle vorherrschten, Ermutigung oder Vorsicht. Ein Manager, der viel Kontrolle aus seinem Elternhaus erfahren hat, wird sich schwer tun mit Vertrauen. Dieses Muster zu hinterfragen und zu verändern wird die Aufgabe sein. Ganz wichtig dabei die Frage, welche Wendepunkte gab es im Leben?
Neben diesen Schlüsselszenen sind die Fragen nach dem persönlichen Wertefundament wichtig, nach der persönlichen Motivation, nach Zielen und Visionen für das eigene Leben. Eng damit verbunden ist die Frage nach der inneren Haltung, nach den eigenen Prinzipien, nach dem persönlichen Menschenbild und dem Umgang miteinander.
Daraus schält sich die wichtigste Reflexion, die nach den beständig wiederkehrenden persönlichen Mustern und Glaubenssätzen. Ein eher zur Absicherung tendierender Manager wird im agilen mindset vor großen Herausforderungen und damit vor der Aufgabe stehen, dieses Muster zu verändern.
Persönliches Kommunikationsverhalten gehört ebenfalls in dieses Life Interview, an dessen Ende die Frage nach den Herausforderungen steht, die im Leben schon erfolgreich gemeistert wurden und als Blaupausen für persönliche Ressourcen dienen.
Die persönliche Reflexion dieses Life Reviews liefert das Wissen darüber, wie sich die agile Führungspersönlichkeit - und nicht nur diese - empowern, in die Lage versetzen kann, Stabilität und Orientierung für sich und andere in einer hoch volatile Umgebung zu finden und zu zeigen.
Bei WiegandCoaching erzielen meine Mandanten in einem Zeitpacket von sechs Sitzungen die wichtigen Erkenntnisse darüber, welche Ihrer Lebenserzählungen hilfreich und ressourcenspendend sind und welche Muster einer Anpassung bedürfen und wie dies funktioniert. Das Wissen um die Kraft der eigenen Persönlichkeit macht nicht nur bei agiler, sondern auch bei herkömmlicher Führung den entscheidenden Unterschied.
Sicher bleibt, dass Führung in digitalen Zeiten weiter notwendig sein wird. Auch Algorithmen und sich selbst organisierende Teams verlangen Steuerung. Sicher ist ebenso, dass sich agiles Führen mehr denn je durch hohe Selbstreflexion und Selbststeuerung sowie durch zutiefst menschliche Eigenschaften auszeichnet, die - noch - kein Algorithmus beherrscht: persönliche Kommunikation, Zuhören, Empathie, Wertschätzung, in sich Gefestigt sein.